WappenRVPfeilKlein

 

7.Etappe Alpentour 2009

Freitag, 28. August 2009
Göschenen – Brienz (118 km, 3100 hm)
Text: Matthias Loy
Fotos: Tobias, Martin, Thomas und Horst

Als ich am frühen Morgen des 7. Tages der Alpentour 2009 in einem der urigen Zimmer des im kleinen Ort Göschenen gelegenen Chalet Hotel Krone erwachte, richtete sich mein erster Blick aus dem Fenster zum Himmel. Zufrieden schloss ich nochmals die Augen, da mir der Blick gutes Wetter für heute verriet. Immerhin stand nach der gestrigen schweren Etappe, die landschaftlich betrachtet das Prädikat Königsetappe verdient hat (die Höhepunkte waren Nufen-, und Gotthardpass (über die alte Poststraße) und als Verlängerung der Göscheneralpsee), die Königsetappe bzgl. des Schwierigkeitsgrades auf dem Programm: Es galt zunächst den Sustenpass (2224 m.ü.M.) über die Ostrampe mit Start in Wassen und nach einer langen Abfahrt die Große Scheidegg (1962 m.ü.M.) über die Nordostrampe von Innertkirchen aus zu bezwingen.
Daher war es heute besonders wichtig eine ordentliche Grundlage mit einem ausführlichen Frühstück zu schaffen. Nach dem Frühstück ging es an das bereits zur Routine gewordene Packen und Vorbereiten auf die kommenden Strapazen.

Leider hatte sich schon am Vorabend bei Martin eine Erkältung angekündigt, so dass er sich dazu entschloss auf dem Sustenpass in eines der Begleitfahrzeuge einzusteigen. Doch zunächst setzten sich Thomas und Jens ans Steuer der Fahrzeuge. Noch schnell von den sehr netten Besitzern der Unterkunft verabschiedet und los ging es. Nach gerade mal 5 km, die uns hauptsächlich bergab führten, erreichten wir bereits Wassen. Dort bogen wir links Richtung Sustenpass ab. Nun warteten auf etwa (flachstückfreien) 18 km gut 1300 hm.


Auf zum Sustenpass

Eine endlos erscheinende Gerade zum Sustenpas

Sofort steigt die Straße auf moderate 6-7% an. Da meine Beine besser mitmachten als noch am Morgen gedacht, setze ich Steffen nach, der sich gleich an die Spitze gesetzt hatte, ohne Rücksicht auf das noch nicht verdaute Müsli. Zusammen radelten wir durch einen Waldabschnitt der durch Galerien und über Brücken führte. Nachdem sich der Wald lichtete offenbarte sich uns ein einschüchternder Blick auf die ausstehende Strecke.

Die zwar gleichmäßig ansteigende Straße führt nämlich auf endlos erscheinenden Geraden am schmalen Meiental entlang. Der einzige Lichtblick ist eine in weiter Ferne gelegene 90 Grad Linkskurve, die jedoch eine weitere, zudem sonnenbeschienene, lange Gerade nach sich zieht.
Inzwischen hatte sich Steffen, der vom geschilderten Ausblick und noch nicht verdauten Müsli unbeeindruckt schien, alleine an die Spitze gesetzt. Den Rest der Strecke musste ich also alleine bestreiten. Nach ca. 13 km Anstieg war meine Motivation, wegen Ermüdung und monotoner Streckenführung, auf dem Tiefpunkt. Immerhin sorgte die kurz darauf folgende erste Linkskurve inklusive Änderung des Blickfeldes für etwas Abwechslung. Und als mich doch noch eine Serpentine (und gleich noch eine zweite) überraschte, konnte ich mir einen lauten Ausruf der Verblüffung („Wie hat sich den diese Serpentine hier her verirrt“) nicht verkneifen. Allerdings blieb es dabei, so dass ich schließlich froh war den unmittelbar vor der Passhöhe gelegenen Tunnel, der quasi die Grenze zwischen den Kantonen Uri und Bern darstellt, erreicht zu haben.


Zum obligatorischen Passfoto fand sich nur das Grupetto ein

Verpflegungstelle mit Blick auf den Steingletscher und das Mahrenhorn

 

Wegen der schöneren Aussicht hatten wir die Verpflegungsstelle in der Nähe eines Gletschersees mit wunderbarem Blick auf den Steingletscher und das Mahrenhorn ein paar Kilometer unterhalb der Passhöhe vereinbart. Nach einem opulenten Mahl mit süßen Stückchen, Schokokuchen, Traubensaft, etc. und einer kurzen Philosophie über die Risiken und den Sinn des Extrembergsteigens, machten wir uns auf die rasante Abfahrt Richtung Innertkirchen.

Am nächsten Sammelpunkt stellte sich heraus, dass Thomas aufgrund des ungewohnten Trikots, welches Steffen trug, selbigen nicht erkannt hatte und ihn deswegen im Anstieg zum Sustenpass hinter mir wähnte. Zumindest die älteren Teilnehmer fühlten sich an den berühmten Sportkommentar „Wo ist Behle“ erinnert. Nun stand der letzte große und schwerste Anstieg der Alpentour 2009 bevor: Die Große Scheidegg (über 1200 hm auf etwa 15 km).


Und nun kommt der härteste Brocken
der Alpentour 2009, die Große Scheidegg. Noch ist´s lustig!


Große Scheidegg, Steffen nimmt Maß
 

Die Steigung beginnt wie am Sustenpass in einem Waldabschnitt, aber auf schmaler Straße und 11-12% Steigung. Diesmal fuhren Steffen und Tobias sogleich auf und davon. Inzwischen war es recht warm geworden und der Schweiss floss in großen Mengen. Ich beschloss meine Radhandschuhe anzuziehen, um nicht bei steilen Rampen vom nassen Lenker abzurutschen.

Im Gegensatz zum Sustenpass ist dieser Anstieg sehr kurvig, abwechslungsreich und quasi frei von Autos. Zudem führt die Strecke eine ganze Weile an einem schön rauschenden, idyllischen Gebirgsbach entlang.
Ich war bei der Alpentour 2006 bereits über diesen Berg gefahren allerdings aus entgegengesetzter Richtung und meinte ungefähr zu Wissen was auf mich zukommen würde. Dennoch konnte ich mich nicht an die zwei längeren Flachstücke, die nun kamen und für die man später bitter bezahlen muss, nicht erinnern. Wenigstens konnte ich zwischenzeitlich die beiden Ausreißer wieder vor mir sehen.
Aber dann kam plötzlich der Hammer: Eine 18% Rampe.
Auch wenn die Steigung bald wieder auf etwa 9% zurückging, war für den Rest der Strecke nur noch beißen angesagt. Völlig erschöpft und halb im Delirium erreiche ich die Gaststätte auf der Passhöhe mit dem Fazit an, dass diese Anfahrt mindestens genauso schwer wie die Grindelwalder ist.

Die Aussicht auf die unmittelbar vor uns liegende Felsenwand ist sehr imposant und lässt mich die Anstrengungen schnell vergessen. Auch ist von hier aus das Berner Dreigestirn mit Eiger, Mönch und Jungfrau zu bewundern.
Während der kurzen Kuchenpause versuchte Georg sein Trikot im Wind zu trocknen. Zum Glück hat ihn keine Alm-Kuh mit einem Torero verwechselt.

Auf der Großen Scheidegg

Entspannung am Brienzer See
Die schmale Abfahrt nach Grindelwald stellte sich als nicht ganz ungefährlich heraus. Wegen einer kurzen Unachtsamkeit und Blick nach hinten, musste ich einen kurzen Ausflug ins Grüne machen, der aber ohne Folgen blieb. Regenwolken ziehen auf, so dass wir entlang der Westseite des Brienzer Sees im Expresstempo Richtung Ziel fahren. Regenfrei, aber erschöpft, erreichen wir die Brienzer Jugendherberge.
Diese liegt direkt am See, so dass es noch vor dem Abendessen zu einem erfrischenden Bad bei tollem Wellengang im See reicht.

Zum Abendessen gab es umstrittene, aber, wie ich meinte, leckere Polenta mit Pilzrahmsoße. Das war sehr nahrhaft! Den Abend ließen wir in gemütlicher Runde beim üblichen Panache oder Pression in einer der Brienzer Lokalitäten ausklingen. Auf dem Rückweg zur Juhe ging ich nochmals am See vorbei, um mir die angenehm rauschenden Wellen anzuhören. Etwas traurig dachte ich daran, dass wir am nächsten Morgen die schönen Schweizer Alpen Richtung Heimat verlassen würden.