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7. Etappe Alpentour 2008
Freitag, 15.August
Castellane-Goult 172 km 1800 Hm
Text: Rebecca und Tobias Ziegler
Fotos: Armin Huber, Tobias Ziegler

Entgegen der Wettervorhersage begrüßte uns der der Morgen des 7. Tages nicht mit Wolken, sondern einem strahlend blauen Himmel.
Das reichhaltige Frühstück mit besonders leckeren Croissants, Pains au chocolats und Brioches tat ein Übriges, dass wir bestens gelaunt in die über 170 km lange Marathon-Etappe mit fast 2000 Höhenmetern starteten.

Von Castellane aus rollten wir rasch bergab bis zum Eingang der Gorges du Verdon.
Um einige atemberaubende Aussichten in diesen größten Canyon Europas zu haben, galt es jedoch zunächst einige Schweißtropfen auf einem Anstieg mit knapp 700 Höhenmetern zu vergießen.


Anfahrt zur Verdonschlucht

Blick auf den Anfang der Verdonschlucht

Am Anstieg gibt es immer wieder Aussichtspunkte

Blick in die gewaltige Schlucht


Bei den zahlreichen Stopps an den Aussichtspunkten faszinierten uns nicht nur die Tiefblicke in den gut 600 m unter uns fließenden Fluss, sondern auch die Kletterer, die sich an den senkrecht aufragenden Felswänden versuchten.
Besonders imposant war es, einige mächtige Greifvögel zu beobachten, die nah vor unseren Augen über der Schlucht kreisten.
Die Frage, ob es sich dabei wohl um Adler handle, verneinte unser Experte Klaus entschieden, der behauptete, sich als Vertreter der Greif-Familie mit allen Arten von Greifvögeln bestens auszukennen. Dies seien eindeutig Geier.
Diese Antwort warf jedoch gleich die nächste Frage auf: Was essen diese Aasfresser dann hier wohl? „Hoffentlich nicht Radfahrer, die auf der Tour um die Verdon-Schlucht von der Straße abgekommen sind.“ meinte einer aus unserer Gruppe sarkastisch.
Zum Glück wartete auf die hungrigen Radfahrer jedoch weit Besseres als Aas, als sie an der ersten Verpflegungsstelle auf der Passhöhe ankamen. Es gab wie immer lecker belegte Brote, Früchte und die begehrten Cookies.

Nach rasender Abfahrt mit weiteren grandiosen Ausblicken, stand nach dem Ort La Palud noch eine letzte, wenn auch mit 100 Höhenmetern bescheidene Bergwertung an. Nachdem die anderen Kletterspezialisten sich bereits an den großen Alpenpässen ausgetobt hatten, witterte Klaus am heutigen Tage seine Chance auf viele Bergwertungspunkte.
Die Attacke gleich an der Ampel im Ort zu starten, schien ihm günstig zu sein. Doch nach einer uns ewig vorkommenden Rot-Phase war das Grün-Intervall so kurz, dass es nur zwei Fahrer durchließ. Als Klaus schließlich an die Reihe kam, war die Ampel schon wieder rot.
Hektisch nötigte er den Tourführer Armin die rote Ampel doch zu ignorieren. Da sich Armin aber weigerte, fuhr Klaus kurzerhand an ihm vorbei, doch in der Aufregung bog er leider in die falsche Richtung ab und musste zurückgerufen werden.
So galt es die Jagd nach Bergwertungspunkten erneut zu vertagen...


Vor der Ampel in La Palud (Klaus G. in der 2. Reihe)

Verfolgergruppe hinauf zum Col de Ayen


Nach rasender Abfahrt am tiefblauen Lac de Ste Croix vorbei gab es nach Moustiers Ste Marie die zweite Verpflegungspause.
Angesichts der sich bedrohlich verfinsternden Wolken sollte sich die Wahl des Platzes unserer Fahrer Andreas und Heiner als günstig erweisen. Denn gerade als wir die belegten Brötchen geschnappt hatten, setzte wolkenbruchartiger Regen, z.T. mit dicken Hagelkörnern ein. Zum Glück war ein trockener Unterstand bei einer Tankstelle nicht weit.
Von dort ließ sich dann das für die Provence im August sehr seltene metereologische Ereignis relativ gelassen beobachten.
Nach einer halben Stunde hatte der Regen soweit aufgehört, dass wir unsere Fahrt gut gestärkt fortsetzen konnten.

Durch das nun auf über 20 km konstante Gefälle gelangten wir in rasendem Tempo rasch ins Tal der Durance.
Ab dort begann jedoch der anstrengendste Teil der heutigen Etappe. Der immer heftiger uns entgegenwehende Mistral und das hügelige Gelände am Südrand des Lubéron-Gebirges verlangten uns alles ab.
Die auf diesem Abschnitt Führenden Armin und Tobias mussten viel Arbeit als Windbrecher leisten, damit wir weiter zügig vorankamen.

Plötzlich jedoch wurde unser Vorankommen durch eine Fahranfängerin gefährdet, die vor einem Kreisverkehr trotz Gegenverkehr mit ihrem Kleinwagen unsere Gruppe überholte.
Um einen Zusammenstoß mit dem entgegenkommenden PkW zu vermeiden, drängte sie mit einem Male so weit nach rechts, dass sie Karen und Lüder in den Grünstreifen abdrängte.
Voller Empörung griff Lüder kurzerhand zur ihm einzig verbleibenden Waffe, seiner Trinkflasche, die ein aggressiv-klebriges Cola-Traubensaftgemisch zum Inhalt hatte.
Der kräftige Druck auf die Tube beförderte dieses Gebräu nicht nur auf die Windschutzscheibe des Wagens, sondern auch durch das offene Fenster der Beifahrertür ins Wageninnere, wo es möglicherweise auch die wie benebelt wirkende Fahrerin wieder zur Besinnung brachte…


Entlang des Luberon wurde gern in der Gruppe gefahren
 


Nachdem trotz nachlassender Kräfte auch die letzte Steigung im Lubéron überwunden war, waren wir nach fast 180 km bei schon tief stehender Sonne endlich an unserem Ziel: Notre-Dame-des-Lumières.
Das in einem einsam gelegenen ehemaligen Kloster untergebrachte Zwei-Sterne-Hotel ließ uns durch seinen angenehmen warm temperierten Swimmingpool und das leckere Abendessen die Anstrengungen des heutigen Tages schnell vergessen.