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Endspurt (km 1084 - Ziel)

An der vorletzten Kontrollstelle mache ich nochmal eine richtige Verpflegungspause vor dem Finale. Zwischendurch ist mir ein Handschuh runtergefallen, den ich leider erst nach einigen Minuten wieder gefunden habe. Das ärgert mich schon etwas, da dieser Zeitverlust vollkommen sinnlos ist im Gegensatz z. B. zum Fotografieren. Jetzt aber los zum Endspurt.

Erstmal geht es 2 km lang runter und dann gibt es auf den nächsten 20 Kilometern ein ständiges auf und ab. Danach geht es nur noch ganz leicht bergauf oder bergab. Als Einzelfahrer habe ich zwar mit dem Wind zu kämpfen, der meistens irgendwie von schräg vorne kommt, aber mit einem 30er Schnitt bin ich alleine deutlich schneller unterwegs als die kleinen Gruppen, die ich immer wieder überhole.
Bei km 1158,5 gibt es in Dreux die letzte Kontrollstelle vor Paris. Um 11:33 Uhr ist dann meine Stempelsammlung im Kontrollheft fast komplett. Mein Aufenthalt ist diesmal wesentlich kürzer. Nach dem Stempeln und Fotografieren genehmige ich mir noch eine Cola und sitze bereits nach weniger als 7 Minuten wieder im Sattel. Es sind keine 70 Kilometer mehr bis ins Ziel.


In der Kontrollstelle Dreux, kurz vorm Ziel
Schon etwas Vorfreude, es bald geschafft zu haben

Eine der vielen ehrenamtlichen HelferInnen,
hier an der Stempelstelle in Dreux

Die Müdigkeit ist nach etwa 45 Minuten Schlaf während der Tour und auch viel zu kurzem Schlaf vor dem Start zwar deutlich zu spüren, aber meine Beine verrichten ihren Dienst weiter hervorragend. An den Füßen habe ich keine Probleme und auch an den Händen läßt es sich gut aushalten. Meine einzige Sorge ist, durch das hohe Tempo nicht noch einen Hungerast zu bekommen.

50 Kilometer vor dem Ziele sehe ich dann endlich auch einen Bekannten aus der näheren Umgebung von Tübingen, es ist Klaus Schulz aus Reutlingen, der bereits 2003 erfolgreich teilgenommen hat. Er ist mit der ersten 90h-Gruppe losgefahren und nicht mehr ganz so flott unterwegs, aber er wird seine Zeit von 2003 verbessern und diesmal unter 66 h ins Ziel kommen. Er feuert mich noch an und ich bin dann wieder alleine unterwegs. Einzelne hängen sich in der Ebene in meinen Windschatten, müssen dann aber spätestens an der nächsten Bodenwelle abreißen lassen. Gut 30 Kilometer vor dem Ziel gibt es noch einen schönen Anstieg, es sind zwar nur durchschnittlich 6%, aber auch diese spürt man nach der langen gefahrenen Strecke etwas, trotzdem macht mir das Fahren richtig Spaß. Etwa 15 Kilometer vor dem Ziel komme ich an einem gestürzten Teilnehmer vorbei, vielleicht hat die Konzentration mit dem Ziel vor Augen etwas nachgelassen. Der Krankenwagen ist jedenfalls schon zur Stelle und ich fahre den letzten etwa 6 km langen Anstieg hoch, oben angelangt sind es nur noch 10 flache Kilometer bis ins Ziel, die Motivation steigt noch einmal deutlich an.

Also schnell aufs große Blatt schalten und Gas geben, die ersten 4,5 Kilometer fahre ich so einen 37er Schnitt bis ... nein, die Kraft geht mir nicht aus, sondern es kommt eine rote Ampel. Leider ist es nicht die einzige, sondern es folgen noch einige davon, kaum hat man richtig beschleunigt muss man auch schon wieder anhalten. Kurz vor dem Ziel geht es zur "Freude" der Teilnehmer auch noch durch einen Baustellenbereich, wer bisher die Freude am Radfahren nicht verloren hat wird sie wohl spätestens hier zumindest kurzzeitig verlieren.
Aber dann ist endlich der große Kreisverkehr erreicht, einige Zuschauer klatschen im Zielbereich. Ich gehe in die Turnhalle, ziehe um 14:17 Uhr die Magnetkarte durchs Lesegerät und bekomme den letzten Stempel in meine Kontrollkarte:
"Audax Club Parisien Paris-Brest-Paris Arrivee". Es ist geschafft!


Geschafft !!!

Kontrollkarte mit den Stempeln der Rückfahrt

Magnetkarte Armin Huber
Meine (später veröffentlichte) offizielle Zeit ist 57:07 h (der Start der 84h-Gruppe erfolgte erst nach 5 Uhr).


Fazit:
Meine Vorbereitung war konditionell bestens, ansonsten noch stark verbesserungsfähig, insbesondere das Schlafdefizit schon beim Start.
Abgesehen vom Regen (ich schätze bei mir so etwa 400 km lang, andere Teilnehmer berichteten von bis zu 900 km) war es für mich angenehm zu fahren, jedenfalls deutlich besser als bei großer Hitze. Ich hatte weder Sitzprobleme noch etwas an den Beinen gespürt und über weite Strecken hat mir das Fahren auch richtig Spaß gemacht. Den Großteil der Strecke bin ich im Wind gefahren, bei der Hinfahrt etwa 2/3, die Rückfahrt fast komplett.

Meine Tour läßt sich eigentlich in zwei starke und ein schwaches Drittel einteilen.
Dank des Starts am Morgen konnte ich zunächst bis zur ersten Nacht bereits ein Drittel der Strecke fahren, schon mal eine sehr gute Grundlage.
In der ersten Nacht und bis zum Nachmittag des zweiten Tages ging es sehr schleppend voran, vermutlich wegen der Müdigkeit. Es war aber wohl mehr ein geistiges als körperliches Problem.
Die zweite Nacht und die Strecke bis ins Ziel bin ich dann wieder deutlich stärker gefahren. Auch für mich war es erstaunlich, dass ich insbesondere auf den letzten 150 Kilometern noch soviel Druck machen konnte.
Insgesamt kann ich mit meinem Abschneiden sehr zufrieden sein und gerade auch aufgrund der positiven Erfahrungen auf dem letzten Drittel wird es sicher nicht meine letzten Langstrecke gewesen sein.