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7. Etappe: St. Leonhard - Sölden
Königsetappe übers Timmelsjoch zum Dach der Tour (2829m)
85 km, 3500 Hm

Text: Friedhelm Zeiß
Fotos und Bildbeschreibungen: Armin Huber

Nach erholsamer Nacht zusammen mit Andreas im blau-rosa Himmelbett beginnt der Tag mit einem guten und endlich auch wieder gehaltvollen Frühstück. (Für Pfälzer überlebenswichtig.) Erstes Problem vor dem Start: Matthias vermisst sein Rad. Einfach verschwunden! Noch mal Suche im Heizungskeller. Und dann endlich: Er hat es so gut hinter dem Heizkessel versteckt, dass es nur mit vollem Einsatz des Tastsinns ausfindig gemacht werden kann.

Ich habe endlich meine Pedale geölt, damit das Knacken und Knirschen die anderen nicht noch weiter in den Wahnsinn treibt. Zum Test presche ich als Erster los und gleich die Steigung Richtung Jaufenpass hinauf. Die anderen rufen mich zurück, weil sie denken, ich wollte eine nicht geplante Extratour einlegen.


Vom flachen Mittelstück sind die weit auseinanderliegenden Kehren des Timmelsjochs gut zu sehen
Es geht zügig bergauf Richtung Timmelsjoch. Mit ca.1800 Hm eine anspruchsvolle Strecke. Zum Glück ist es noch relativ kühl. Eine italienische Senioren-Radlergruppe fährt mit uns parallel. Sie haben zwei Begleitfahrzeuge, viele Kameras und eine Cheer-Gruppe dabei. Anfangs profitieren wir noch von dem begeisterten Applaus, später nicht mehr, weil die „Pfeiler“ einfach zu schnell sind.
Im Mittelstück bekam ich ein Problem mit der Tretkurbel, sie hatte sich gelöst und ich brauchte einen 8er Inbusschlüssel. In meinem Topeak-Werkzeug waren alle Größen dabei, außer einer. Ich hielt Radfahrer und Autofahrer an, aber keiner hatte einen 8er Inbus, auch ein Begleitfahrzeug der Italiener nicht. Schließlich kommt Michael als rettender Engel. Gut dass er immer etwas hinten fährt!

Martin kurz vor der Passhöhe des Timmelsjochs

Karen oberhalb der letzten Kehre vor dem Tunneleingang, danach steigt die Straße bis zur Passhöhe nur noch leicht an.

Friedhelm kurz vorm Tunnel
Den härtesten Job an diesem Tag hatte allerdings Klaus mit dem Begleitfahrzeug: Die jungen Springer waren schon längst auf der Passhöhe während die älteren Radler noch gemütlich im mittleren Abschnitt radelten.
So musste er wie ein Hütehund immer hin und her pendeln und die auseinander gezogene Truppe betreuen. Noch mal herzlichen Dank für diesen Einsatz!

Auf dem Timmelsjoch
Ein weiteres Problem: Oben auf der Passhöhe von 2509 m war es recht frisch. Nass geschwitzt im kalten Wind warten tut Leib und Seele weh. So fährt die Truppe weiter, während Armin noch auf den letzten wartet. Von der Passhöhe geht es dann in rasanter Abfahrt über 1000m runter nach Sölden.

Michael nach dem Zwischenanstieg zur Mautstelle
Allerdings sind dabei auch einige tückische Zwischensteigungen. Nächster Treffpunkt ist unser Quartier, das Hotel Waldcafe auf 1500m. Dafür geht es noch mal eine steile Rampe hoch, die Andreas in bewährter Manier als Radwanderer überwindet. (Die Erfahrung hat gezeigt, dass er bei Steigungen über 13% schneller schiebt, als die meisten fahren).

Karen auf der Ötzaler Gletscherstraße auf 2480 m

Am Waldhotel warten wir allerdings vergeblich auf das Versorgungsfahrzeug. Also schnell zur Toilette, Wasserflaschen auffüllen und dann ab Richtung Rettenbachferner. Auf der ersten Wegstrecke kommt mir dann Klaus mit dem Begleitfahrzeug entgegen. Er sucht verzweifelt das Waldcafe.

Dann stoße ich auf Karen und wir fahren gemeinsam weiter. Die Steigung liegt konstant bei 12-14% und ohne Kehren zum Ausruhen. Das wird insbesondere für mich sehr hart, da meine Pfälzer Radprinzipien völlig durcheinander geraten. Von wegen: Ausgeruht oben ankommen!

An der Rettenbachalm auf 2100m verfalle ich den fleischlichen Verlockungen: Ich lasse Karen weiter sausen und esse erst mal eine erstklassige Käseknödelsuppe.


Die Radtreffleiter Klaus und Armin auf 2803m
Danach weiter auf der gewundenen Straße dem Gletscher entgegen. Nach einiger Zeit meldet sich meine Kurbel wieder: Die Schraube hat sich wieder gelöst. Die nächsten 400 Höhenmeter überwinde ich, indem ich die Schraube mit der Hand anziehe, bis die Kurbel nach ca. 80 Höhenmetern wieder wackelt. Oben an der Seilbahnstation (2678 m) treffe ich auf den Rest der Truppe (außer Andreas und Michael, die derzeit einen sehr anstrengenden Spaziergang durch Sölden unternehmen). Während die anderen sich mit Cappuccino und Vanillestrudel vergnügen, finde ich doch tatsächlich einen Mitarbeiter der Seilbahnfirma, der mir sehr freundlich sein Qualitätswerkzeug ausleiht und ich kann meine Tretkurbel endlich so fest anziehen, dass sie sich für den Rest meines Lebens nicht mehr lösen wird.

Das Dach der Tour mit 2829 m am Tiefenbachferner
Danach mit Volldampf zum Parkplatz Rettenbachferner (2803 m), wieder runter zur Abzweigung Tiefenbach (2640 m) und dann durch den Tunnel unter dem Gletscher durch (brrrr!) zum Tiefenbachferner (2829 m). Im Tunnel begegnet mir der Rest der Truppe. Der Tiefenbachferner ist angeblich der höchste Punkt der Alpen, den man mir Rennrad anfahren kann. Zwei fremde Radler sind schon da, um ein Beweisfoto von mir anzufertigen. (Und ich von ihnen). Dann geht es wieder durch den ca. 2 km langen Tunnel zurück zur Abzweigung Tiefenbach. Dort wartet überraschend Steffen auf mich, damit ich die über 1000-Meter-Abfahrt nicht allein runter rennen muss. Hat mich tief beeindruckt: Er verzichtet auf die fetzige Abfahrt, um mit einem Opa gemütlich runter zu trudeln! Danke Steffen!!!

Um 17:20 Uhr sind wir als letzte am Waldcafe. Noch Zeit zum Duschen, Trikot waschen und etwas abhängen. Um 19 Uhr gibt es Abendessen.

Sogar mit Menüplan:
1. Gang: Krabbencocktail
2. Gang: Salat vom Büfett
3. Gang: Spaghetti mit Schnitzel
4. Gang: Eis mit Früchten und Sahne

Da der erste Gang etwas länger braucht, beginnen die ersten einfach schon mal mit dem Salatbüfett. Wenn der Damm bricht, fließt das Wasser (Chinesische Weisheit von Klaus). So sind die meisten Salatschüsseln schon leer, als die anderen Gäste schweizerisch korrekt nach dem Krabbencocktail zum 2. Gang an das Salatbüfett treten. Ihre Begeisterung hält sich in engen Grenzen, als sie nur noch klägliche Reste vorfinden. Sie hatten einfach nur Pech: Zur falschen Zeit mit den falschen Leuten im Hotel. Ihre Erkenntnisse über Radfahrer haben eine geradezu sprunghafte Erweiterung erfahren.


Tourenführer Armin
Eine besondere Überraschung gibt es noch für Armin: Als Anerkennung für seine tolle Organisation und die ruhige, kompetente und einsatzfreudige Tourenleitung wird ihm ein spezieller Eisbecher Copa-Arminio überreicht, den er lächelnd mit stoischer Gelassenheit verspeist.

Danach noch ein kleiner Verdauungsspaziergang zum nächsten Cafe. Die nette Bedienung bringt trotz fortgeschrittener Stunde noch 10 weiche Sitzkissen für hart strapazierte Radlerhintern.

Unsere Blumenfreunde
Klaus und Andreas sind beeindruckt von dem betörenden Duft der Blumen. Sie haben eine kleine, gelb blühende Art als Urheberin ausgemacht. Die Wirtin ist angetan vom Interesse der beiden und gibt ausgiebig Auskunft. Wir erfahren, dass die Blume Bidens heißt und viel Wasser braucht und am besten separat gepflanzt wird, da sie wie Unkraut wuchert.

So endet ein anstrengender, aber auch sehr schöner und sonniger Tag.