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Bodensee GenferSee 2019
Einmal quer durch die Schweiz mit hohen Pässen zu fahren war das Ziel, vom großen See im Nordosten zum großen See im Südwesten und das ohne Urlaubstage.
Und falls es die Umstände erfordern einen guten Plan B in der Hinterhand zu haben.


Durch den späten Termin von Pfingsten schien die Gelegenheit günstig, auch die höheren Pässe der Zentralschweiz schon befahren zu können und der Streckenchef wollte endlich auch einmal den Sustenpass bei schönem Wetter erleben. Aber die ungewöhnlichen Schneemassen machten uns einen Strich durch die Rechnung, an eine Öffnung des Sustenpasses war nicht zu denken, sogar die Strecke der zwei Wochen später stattfindenden Königsetappe der Tour de Suisse musste deshalb geändert werden. Auch die hohe Alternativstrecke über Furkapass und Grimselpass, die normal etwas früher als der Susten geäffnet werden, war diesmal an Pfingsten noch gesperrt.
Selbst beim Klausenpass war es noch eine kleine Zitterpartie, aber zwei Tage vor der Tour war er dann endlich von beiden Seiten bis zur Passhöhe geöffnet. Aber auch für den Klausenpass hätten wir natürlich eine Alternativstrecke gehabt.

Diese und weitere Bilder in höherer Auflösung gibt es im Google-Album

 

Etappe 1 über den Klausenpass
Um die lange Strecke vom Bodensee bis über den Klausenpass am ersten Tag zu schaffen starten 3 Teilnehmer um kurz nach Mitternacht in Lindau (Hinfahrt mit dem Zug um 21 Uhr ab Tübingen). Schon vor Bregenz wartet die erste Herausforderung durch den mit Holz, Steinen und Sand überspülten Radweg direkt am See, danach geht es aber problemlos weiter auf der flachen Strecke durchs Rheintal. Einen Regenschauer überbrücken wir mit einer kurzen Schlafpause in Walenstadt und am Walensee gibt es dann nach über 100 km den ersten Anstieg.

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Nach der Frühstückspause nutzen wir noch die Zeit, bis die anderen mit der Bahn in Glarus eintreffen, für einen Abstecher bis über den Klöntaler See hinauf am noch gesperrten Pragelpass.

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Gemeinsam rollen wir uns noch einige km ein, bevor der lange Anstieg zum Klausenpass beginnt. Trotz etwa 1300 Hm ist dieser gut zu fahren, nirgends besonders steil und mit dem Urner Boden gibt in der Mitte mehrere recht flache km, dazu landschaftlich attraktiv. Der Klausenpass ist der höchste Punkt der Alpenpanoramaroute, einer nationalen Veloroute, die in der Nähe des Bodensees beginnt und in Aigle unweit des Genfer Sees endet.

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Das einzig störende ist der motorisierte Verkehr, der etwas stärker als üblich erscheint, da es zum einen das erste Wochenende mit offenem Klausenpass ist und zum anderen die höheren Pässe in der Umgebung noch geschlossen sind.

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Auf den letzten Kehren liegt noch reichlich Schnee neben der Straße und nach Stärkung und Gruppenbild auf der Passhöhe sausen wir das Schächental hinab.
Weitere Infos zum Klausenpass auf Quaeldich

Die Unterkunft konnte Sigi zum Glück noch umbuchen und so fahren wir nicht nach Wassen hinauf sondern am Vierwaldstätter See entlang, was die Etappe noch schöner macht. Die Strecke am Urner See entlang könnte man als Himmel und Hölle bezeichnen, zum einen landschaftlich direkt über dem See und teilweise an der senkrechten Felswand entlang atemberaubend, verkehrstechnisch dagegen eine Katastrophe auf dem letzten Abschnitt vor Brunnen.

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Und nach einer Fährfahrt über den Vierwaldstätter See sind es nur noch wenige km lockeres Ausrollen bis zum Hotel.


Etappe 2 Über die Große Scheidegg

Dank gutem Schallschutz haben wir auch direkt neben der Autobahn gut geschlafen und die Strecke hat deutlich weniger Höhenmeter als ursprünglich geplant.
Statt dem noch gesperrten Sustenpass steht der deutlich niedrigere und ganzjährig geöffnete Brünigpass auf dem Programm.
Wer jedoch den Brünigpass nur als stark befahren und anspruchslos in Erinnerung hat, der war noch nicht auf der Veloroute unterwegs.

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Brünigpass auf der Veloroute 9 (Seen-Route)

Der bereits seit einigen Jahren asphaltierte Radweg hinauf zum Lungerer See erfordert gleich vollen Einsatz mit teilweise deutlich über 10% Steigung. Nach kurzem Flachstück am See entlang steigt die Strecke wieder an zum Bahnhof und an der Bahnlinie entlang, die letzten 650m zum Aussichtspunkt Käppeli auf Gravel. Auf dem folgenden einspurigen Sträßchen durch Almwiesen ist man in einer völlig anderen Welt als auf der Hauptstraße, auf dieser sind es lediglich am Schluss noch einige hundert Meter flach bis zu Passhöhe.

Die Wetter-Apps werden nicht nur unterschiedlich interpretiert, wie sich hinterher herausstellt sind diese auch unterschiedlich aktualisiert. Die Optimisten lassen die mögliche Abkürzung am Brienzer See entlang rechts liegen und fahren über Meiringen zur Großen Scheidegg hinauf, mit 1962 m der höchste Punkt unserer Tour. Nach einem Regenschauer kommt bei der Schwarzwaldalp sogar kurz die Sonne raus.

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Unterhalb der Rosenlaui im Anstieg zur Grossen Scheidegg (weitere Infos auf Quaeldich)

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Blick von der Grossen Scheidegg Richtung Grindelwald, links der Eiger

Die Sicht ist deutlich eingeschränkt, aber es ist auf der Abfahrt nach Grindelwald immerhin trocken und so entschliessen wir uns in Zweilütschinen noch zur kurzen Verlängerung nach Lauterbrunnen zum beeindruckenden, 297m hohen Staubbachfall. Die hinter den Wasserfall führende Felsengalerie ist wegen Steinschlaggefahr leider gesperrt.

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 Auch ein kurzer Regenschauer auf dem Weg zur Unterkunft am Thuner See kann die gute Stimmung nicht wirklich trüben.

Etappe 3 Über den Saanenmöser
Manch einer rechnet schon mit ganztägigem Dauerregen, aber es sieht dann überraschend gut aus. Die Straße ist teilweise nass, aber von oben ist es trocken. Im Simmental ist es schön sonnig und weil wenig los ist und es sehr gut rollt fahren wir länger auf der Hauptstraße als geplant.

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Ab Zweisimmen folgen wir wieder der Veloroute, für die das gleiche wie schon am Brünigpass gilt: Praktisch kein motorisierter Verkehr, landschaftlich attraktiver aber mit Rampen bis zu 20% auch deutlich härter als die Hauptstraße.

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Auf der Veloroute von Zweisimmen zum Saanenmöser, kurze Erholung vor der nächsten Rampe

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Die steilste Rampe mit 20% ist geschafft

Der 1279m hohe Saanenmöser ist der höchste Punkt der Seen-Route, einer von 9 nationalen Velorouten der Schweiz. Und nach der Abfahrt ist es dann in Saanen leider endgültig vorbei mit dem guten Wetter. Wir folgen der Veloroute weiter, die bei entsprechendem Wetter sicher sehr schön ist.

In La Lecherette ist nochmal der Wechsel auf die Alpenpanoramaroute geplant, Les Agites heißt der letzte relativ unbekannte Pass, bei schönem Wetter mit Aussicht über den Genfer See und einer Abfahrt über 1100 Hm mit Blick übers Rhonetal auf die über 3000m hohen Dents du Midi und zuletzt durch die Weinberge in die Tübinger Partnerstadt Aigle eine traumhafte Strecke (Archivbilder von 2014 in Gegenrichtung). Aber bei diesem Wetter, nass und ohne Aussicht, ist es nicht sinnvoll diese Strecke mit teils schmaler und meist steiler Abfahrt zu wählen und wir fahren stattdessen auf gut ausgebauter Hauptstraße über den etwas niedrigeren Col des Mosses hinunter nach Aigle.

Die Reststrecke zum Velodrom der UCI und bis zum Genfer See lassen wir aus und freuen uns, die nassen Klamotten ausziehen zu können und trocken nach Tübingen zu fahren im Sprinter, den unser Vereinskollege Martin dorthin gefahren hat und der bei seiner dort startenden eigenen Radtour leider auch nur teilweise gutes Wetter hatte.

Fazit:
Es läuft nicht immer alles wie gewünscht, aber man sollte einfach immer versuchen das Beste aus den Gegebenheiten zu machen und sich vor allem die gute Laune nicht verderben lassen.
Und für alle, die sich von den Schweizer Preisen nicht abschrecken lassen gibt es in der Umgebung der Tübinger Partnerstädte Aigle und Monthey einige sehr schöne Radstrecken und auch Bergtouren.