Einmal über die Alpen an den Gardasee fahren, und dies nicht in Etappen sondern nonstop von Tübingen aus, diesen Traum wollten sich die 9 Teilnehmer der Pfeilgruppe am längsten Tag des Jahres erfüllen.
Start am Uhlanddenkmal mit Wolfgang, Georg, Andreas, Istvan, Ralf, Ingrid, Alfred, Armin und Ingbert
Text: Armin Huber, Fotos: Alfred Schnabel und Armin Huber (Weitere Bilder auf Picasa)
Da für die über 500 km lange Strecke (auf GPSies) von Tübingen nach Torbole am Gardasee auch der längste Tag des Jahres nicht ausreicht und wir den Fernpass mit möglichst wenig Verkehr fahren wollen, hat unser Organisator und Streckenchef Andreas Herrmann den Start auf den Freitag 21. Juni 2013 um 16 Uhr am Uhlanddenkmal in Tübingen festgelegt.
Die Wetterprognose sieht gut aus und die Strecke bis vor den Fernpass sind wir schon bei der Tour zur Zugspitze fast genau so gefahren.
Gut gelaunt stehen wir am Uhlanddenkmal, Ingeborg macht vor der Abfahrt schnell noch ein Gruppenbild.
Langsam rollen wir los, kontrolliert die Alb hinauf nach Melchingen, die Tour ist noch lang und wir werden die eingesparten Kräfte gut gebrauchen können.
Noch keine 30 km gefahren biegen wir auf einen Radweg ein, den wir schon mehrfach beim Radtreff und bei Tübingen-Zugspitze auch schon mitten in der Nacht gefahren sind.
Und dann kommen nicht 620 km in 3 Akten sondern das Ende der Tour (an einer kleinen Kante).
1. Akt: Unzureichend gesicherte Verpflegung fliegt durch die Luft, 2. Akt: Der Hintermann bremst erschrocken, 3. Akt: Andreas liegt am Boden.
Ihm ist sofort klar, dass der Sturz für ihn das Ende der Tour bedeutet, wie lange die Verletzungspause dauern würde ahnt er da noch nicht, Mitte Oktober war er zum ersten Mal wieder auf dem Fahrrad bei einer Pfeiltour dabei.
Seine Chefin Ingrid (und spätere Finisherin bei London-Edinburgh-London) kümmert sich um den verletzten Andreas, wir anderen sollen das begonnene Werk vollenden.
Mit immerhin 5 Finishern von Paris-Brest-Paris ist es keineswegs eine Truppe von Leichtmatrosen, aber an der ein oder anderen Stelle wird unser Kapitän zur stürmischen See Andreas schmerzlich vermisst.
Sicherlich gibt es sehr unterschiedlich sorgfältige Routenplanungen, aber aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Marschtabelle und der GPS-Track oft nur ein Teil der vorausgegangenen Planungen ist und man nur schwer die Feinheiten erfasst, die dem Streckenplaner präsent sind.
Die Stimmung ist gedrückt, erst hinter Gammertingen geht es wieder so richtig los.
Der Wind steht günstig, Tempo 30, 40, 50, wir fliegen über die Alb, die bedrohlich aussehenden Wolken halten ihre Last noch im Zaum. Kurz vor Kempten sind wir von der Mutter eines Randonneurs (Matthias Ebert, der gleichzeitig beim RATA unterwegs ist, im virtuellen Duell habe ich von 2009 noch ein paar Minuten Vorsprung ins Ziel gerettet) zum Essen eingeladen.
Wenigstens die Flasche Schampus von Andreas kann ich heil bei der Gastgeberin abliefern.
Nach ausgedehntem Abendessen sind wir von schnellem auf langsamen Schnitt zurückgefallen.
Weiter geht es in der Nacht durch Kempten, hinauf in die Berge. Bei Vils machen wir noch einmal Pause vor dem Fernpaß.
Gleich danach setzt Regen ein, hinter Reutte fahren wir auf die Fernpassstraße, richtig ruhig ist es auch jetzt mitten in der Nacht nicht.
Die Abfahrt vom Fernpaß fahren wir bereits in der Morgendämmerung, in Imst ist es wieder trocken.
Nach kurzer Pause geht es hinüber ins Ötztal, es wird wieder wärmer.
In Sölden sitzen wir bei sehr angenehmen Temperaturen beim Bäcker draußen in der Sonne, noch einmal Energie auffüllen für den Anstieg zum Dach der Tour.
Mit meinem großen Systemgewicht schleiche ich das Timmelsjoch hoch, aber im oberen Teil geht es manch anderem noch schlechter.
Nach 330 km sind wir ganz oben, etwa 2400 m höher als unser Ziel.
Geschafft !! Jetzt geht es 170 km lang bergab und flach, und den kleinen Anstieg direkt vorm Gardasee packen wir auch noch.
Kurz vor der Passhöhe |
Vor der Abfahrt nach Sterzing |
In Meran biegen wir auf den Etschtalradweg ein, anfangs noch locker mit Tempo 30.
Ab Bozen wird der Wind dann deutlich stärker, es geht nur noch mühsam voran. Es ist keineswegs geschafft, eigentlich geht es jetzt erst richtig los.
An einem Trinkwasserbrunnen fassen wir Wasser und machen Pause. Danach keine Wasserstelle, keine Einkaufsmöglichkeit, nichts, nur wir, der Radweg und der Gegenwind. Vereinzelt muss ich kräftig gegenlenken um nicht vom Radweg herunter geblasen zu werden. Jetzt ist Durchhaltevermögen und ein starker Wille gefragt.
Abfahrt vom Timmelsjoch |
Auf dem Etschtalradweg |
Ein Fahrerstreik kann nach einigen Minuten aufgelöst werden. Das Sitzen im Sattel ist zwar keine hinreichende, aber doch notwendige Bedingung um vorwärts zu kommen, sofern man unser Fahren hier als solches bezeichnen kann.
Rechts und links ziehen hohe Berge langsam an uns vorüber, aber dafür hat nicht mehr jeder ein Auge. Unnötige Zeitverluste wie durch falsch interpretierte Umleitungsschilder heben die Moral auch nicht an.
Kurz bevor wir zum Gardasee in den letzten Anstieg abbiegen lässt der Wind endlich nach und wir kommen an einem Brunnen vorbei.
Kreuz und quer werden wir auf dem Radweg durch ein Städtchen gelotst, wir sollen das Fahrrad an der Hand führen, an allen möglichen Stellen anhalten, eine Hoppelstelle die uns zum langsam Fahren zwingen soll jagt die andere, zum Abgewöhnen. Der Anstieg selbst macht uns keine Probleme mehr, der Lago di Loppio kurz vorm Passo San Giovanni (mit seinen 287 m wird er im Quaeldich auch als niedrigster Pass der Alpen bezeichnet) sieht auch in der Dämmerung beeindruckend aus, dort muss ich unbedingt am nächsten Tag Fotos machen.
Die letzte Abfahrt der Tour, der Gardasee rückt ins Blickfeld, noch einmal kurzer Fotostopp mit abendlichem Gardasee.
Unser Hotel in Torbole liegt direkt am See. Es ist bereits 10 Uhr abends, wir sind da, jetzt haben wir es tatsächlich geschafft.
Der Wind lässt nach, die Zeit ist weit fortgeschritten |
Nur noch eine kurze Abfahrt bis zum Ziel |
Die Tübingen-Gardasee nonstop Finisher in Torbole, für Ralf und Wolfgang die erste Strecke über 500 km Eine tolle Tour und Gruppe, auch wenn nicht alles nach Plan gelaufen ist |
Jetzt noch schnell etwas zum Essen bestellen, Entspannen, die Tour gemeinsam noch einmal Revue passieren lassen und nach erfolgter Kalorienzufuhr dann der verdiente Schlaf.
Im von Andreas excellent ausgesuchten Hotel ist auch das Frühstück hervorrragend.
Dann heißt es Abschied nehmen von den gleich mit dem Zug Zurückfahrenden.
Gardasee am nächsten Morgen |
Aufbruch zur Heimreise |
Alfred und Wolfgang machen Erholungstag während ich am Gardasee entlang und über den Monte Baldo fahre.
Am Montag brechen dann auch wir zur Rückreise auf, die anderen bis Rovereto mit dem Rad, ich bis nach Lindau.
Bilder von Gardasee - Lindau auf Picasa (trotz klassischer Transalp-Distanz hatte ich nur 2 bereits gefahrene Anstiege dabei, es gibt noch sehr viel zu Entdecken in den Alpen)
Vielen Dank Andi für die tolle Vorbereitung der Tour.
Der Traum vom Gardasee ist nicht gestorben, er lebt für dich und Ingrid weiter.
Abschliessend noch wenige Tipps zum Langstreckenfahren.
Habe Respekt vor der Strecke, aber keine Angst.
Die Pausen sind Teil der Gesamtzeit, nutze sie effizient und mache sie nicht länger als nötig.
Der Wille macht den Körper zum Pfeil.